Gemeinsam mit der Deutschen Gruppe Liberal International (DGLI) war ich letzte Woche unterwegs im Kreis Südharz, in Stolberg. Die DGLI ist eine vielfältig zusammengesetzte Gruppe aus Liberalen. Traditionell führen die Bereisungen die Gruppe an verschiedene Orte zu liberalen Abgeordneten, Bürgermeistern, mittelständischen Unternehmen, Sport- und Militäreinrichtungen sowie kirchlichen Vertretern.
Stolberg hat seit 1990 durchgehend einen liberalen Bürgermeister
Los ging es mit einem Treffen des Stolbergers Ortsbürgermeisters Ulrich Franke. Seit 1990 ist der Freie Demokrat Bürgermeister in Stolberg. Auf einem Höhenweg zeigte er uns die Schönheit seiner Gemeinde. Mit dabei war hier Ingo Bodtke, Bundestagsabgeordneter aus Sachsen-Anhalt. Mit ihm habe ich ein schönes Foto vor einer tollen Kulisse gemacht.
Die Stammmutter der Oranier stammt aus Stolberg im Harz
Highlight ist das Schloss Stolberg, das über der Stadt thront und eine Art Wahrzeichen der Fachwerkstadt ist. Voller Stolz erzählt Ulrich Franke, dass die Stammmutter der Oranier – das niederländische Königshaus – aus dem Harz stammt. Gräfin Juliana zu Stolberg wurde im schönen Städtchen Stolberg in Sachsen-Anhalt geboren. In einer Broschüre über die Stadt heißt es: „Ohne die wackere Stolbergerin hätte es keine Befreiung der Niederlande und nie einen Goetheschen ›Egmont‹ geben können.“ Juliana war zweimal verheiratet und bekam insgesamt siebzehn Kinder, was in der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich war. Ungewöhnlich war allerdings, dass sie bei ihrem Tod im Jahr 1580 sage und schreibe 160 Enkel und Urenkel hinterließ. Nicht nur die Oranier, sondern nahezu alle europäischen Fürstenhäuser stammen von ihr ab.
Im Rathaus berichtete Ulrich Franke von seiner bewegenden 32-jährigen Amtszeit. Die beste Errungenschaft ist aber immer noch, dass er bei der Straßensanierung in den 90er Jahren neben allen Medien ausreichend Leerrohre hat verlegen lassen, so dass heute einem schnellen Glasfaserausbau in Stolberg nichts im Wege steht, zumindest was die vorbereitete Infrastruktur betrifft. Das Stolberger Rathaus hat übrigens kein Treppenhaus. Alles läuft über eine Außentreppe. Diese haben wir gleich für ein Gruppenfoto genutzt.
Josephskreuz bietet phantastischen Ausblick auf den Harz
Den schönsten Harzblick hat man vom 38 Meter hohem Josephskreuz. Das ist ein Doppelkreuz aus einem 128 Tonnen schweren Stahlfachwerk, das mit etwa 100.000 Nieten zusammengehalten wird. Der Schinkel-Bau wurde am 9. August 1896 eingeweiht und diente als Brandaussichtsturm. Vom herausragenden Ausblick habe ich mich natürlich überzeugt.
Friwi-Werke – 130 Jahre Backtradition aus Stolberg
Am Nachmittag besuchten wir die traditionelle Keksfabrik Friwi. Das Familienunternehmen besteht bereits seit über 130 Jahren in Stolberg. Vielen Dank Nadja Witte für den Einblick und den offenen Austausch über die Herausforderung eines Mittelständlers. Im Gespräch mit der Firmenchefin konnte ich viel mitnehmen. Das drängendste Problem für die Mittelständler ist neben der aktuellen Energiekrise die Suche nach Arbeitskräften. Das wird ein Thema sein, was mich die laufende Legislatur nicht mehr loslassen wird. Es ist ein Thema, was bereits mit der Schulausbildung beginnt. Auch dazu werde ich mich auf meiner Sommertour nächste Woche mit Schulleiterin Kerstin Jarosch von der Staatlichen Regelschule Breitungen austauschen. Darüber berichte ich Euch in meinem nächsten Blogbeitrag.
Hidden Champion und Traditionshandwerk im Eichsfeld
Tag zwei führte mich zu zwei interessanten Unternehmen im Eichsfeld. Wisst ihr, was ein Hidden Champion ist? Das sind heimliche Gewinner oder unbekannte Weltmarktführer. Also, relativ unbekannte größere Unternehmen, die in ihrer Branche Marktführer sind. Und davon haben wir in Thüringen einige.
Ein solches Unternehmen ist die MCI Miritz Citrus GmbH & Co KG in Kirchgandern bei Bad Heiligenstadt. Die Firma ist seit 1965 im Auftrag des guten Duftes und des guten Geschmacks für ihre Kunden im Einsatz – und das weltweit. MCI Miritz stellt Zutaten aus Citrusprodukten für Getränke, Reinigungs- und Kosmetikprodukte her. Seit der Öffnung der innerdeutschen Grenze steuert das Unternehmen seine Geschäfte von Thüringen aus, hat aber auch Niederlassungen in den USA und Japan. Geschäftsführer Dr. Tillmann Miritz hat den Standort in Kirchgandern modernisiert und ausgebaut. Im Moment sieht er weiteren Erweiterungen am Standort allerdings problematisch entgegen. Zu bürokratisch geht es zu. Bauanträge dauerten zu lange und behördliche Gutachten seien nicht jederzeit nachvollziehbar.
Lindewerra – Das Stockmacherdorf Deutschlands
Ein Unternehmen ganz anderer Art ist die Stockmacherei von Michael Geyer in Lindewerra, dem einzige Stockmacherdorf Deutschlands. Herr Geyer führte uns in der historischen Werkstatt das Handwerk des Stockmachens vor. Leider ist es ein aussterbendes Handwerk, da es keine Ausbildung mehr für diesen Beruf gibt. Obwohl die Wanderstecken noch in Österreich, der Schweiz und auch in Deutschland in den Tourismusläden gut verkauft werden. Michael Geyers Familie hält das Handwerk in Ehren und übt es immer noch mit großer Leidenschaft aus.
Eine kleine Brücke über die Werra ist für Lindewerra ein besonderes Symbol. Bis zur Vereinigung Deutschlands wurde die Brücke nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut und das Dorf war komplett abgeschnitten. Zudem verlief der stark bewachte und undurchlässige Grenzzaun unmittelbar an den Häusern vorbei. Auch am Elternhaus von Michael Geyer. Bis auf eine Schneise oben im Wald über dem schönen Werratal ist davon aber heute Gottseidank nichts mehr zu sehen.
Eine lohnende Reise durch Nordthüringen und den angrenzenden Kreis Südharz war damit zu Ende. Mir brachte sie echte Einblicke und viele Informationen für meine weitere politische Arbeit.