Anlässlich des Sonderplenums am 20. Januar 2021, in dem es ja um die Bekämpfung der Corona-Pandemie gehen soll, will ich hier mal noch ein paar aktuelle Forderungen in Sachen Bildungspolitik in Pandemiezeiten zu digitalem Papiere bringen. Es geht um Bildungsgerechtigkeit.
Bildungsgerechtigkeit – Auch in der Notbetreuung am Distanzunterricht teilnehmen
In der Notbetreuung müssen die Schülerinnen und Schüler auch am digitalen Unterricht teilnehmen können. Sie müssen die Aufgaben machen können und es muss eine Ausstattung vorhanden sein, damit sie sich an digitalen Unterrichtsaktivitäten beteiligen können. Im Idealfall ist auch eine Person vor Ort, die bei der einen oder anderen Fragen unterstützen kann. Das hat nichts mit einer Bevorteilung der Kinder in der Notbetreuung zu tun. Das gebietet der gesunde Menschenverstand und unterstützt Kinder auf ihrem Bildungsweg. Es kann keine Lösung sein, dass Kinder die schulischen Aufgaben nach der Notbetreuung zu Hause nachholen müssen.
Klare Ansagen, klare Regeln
Das Wichtigste ist, dass alle Bildungs-Akteure gemeinsam an einem Strang ziehen. Dafür muss das Bildungsministerium klarer und schneller kommunizieren. Die offiziell eingerichteten E-Mail-Adressen der Lehrkräfte können und müssen dafür auch benutzt werden. Es muss so schnell wie möglich geklärt werden, wie das restliche Schuljahr ablaufen soll. Da geht es einerseits um Fragen, welche neuen Zeitpläne für Praktika, Projektarbeiten und Seminarfacharbeiten gelten. Andererseits muss ein Unterrichtsmodus etabliert werden, den man auch bei schwankenden Infektionszahlen längerfristig durchhalten kann. Denn die Schule braucht wieder langfristige Planungsgrößen, um Lernen und Lehren erfolgreich zu organisieren. Ein Beispiel wäre ein länger anhaltender Hybridunterricht oder geteilter Unterricht, wo die eine Gruppe in der Schule ist und die andere in digital ausgestatteten Ausweichquartieren wie dem Gemeindezentrum oder dem Kino. Die Liveübertragung aus dem Klassenzimmer wird durch eine pädagogische Fachkraft vor Ort betreut und ergänzt.
Systeme müssen funktionieren
Es gibt keine Alternative zu einem funktionsfähigen Lernmanagementsystem. Ich halte die Thüringer Schulcloud nicht für das beste Lernmanagementsystem, das aktuell in Thüringen im Einsatz ist. Aber es führt kein Weg daran vorbei, dass dieses System dann wenigstens funktioniert. Es muss laufen. Wenn es nicht läuft, braucht es Alternativen. Hier ist das Bildungsministerium definitiv im Zugzwang. Ein Austausch mit der Thüringer IT-Wirtschaft hätte schon längst stattfinden müssen. Kommunen könnten schon längst Partner für dieses Thema an der Seite haben.
Mehr Kraft für Lehrkräfte
Ich gebe zu, dass es überhaupt nicht einfach ist, in dieser Situation Lehrkraft zu sein. Ich ziehe meinen Hut vor jeder Lehrerin und jedem Lehrer, die aktuell ein riesiges Arbeitspensum bewältigen, um ihre Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Aber wir müssen uns auch ehrlich machen. Längst fühlen sich nicht alle in der Lage, mit den digitalen Instrumenten umzugehen. Die Weiterbildungsmodule gibt es zwar mittlerweile, aber sie sind noch lange nicht in den Schulen. Warum geht das nicht digital? Und warum wird nicht einfach zu einzelnen Themen im Lehrplan vom Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien eine Videosammlung extra dafür erstellt. Die könnte auch der mdr für die „Tele-Schule made in Thüringen“ verwenden. Wo bleibt die Innovation? Und wo bleibt eigentlich die Schulaufsicht, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass alle Kolleginnen und Kollegen mit an Bord sind und die Last nicht bei einigen wenigen hängen bleibt?
Bildungsgerechtigkeit geht bei Chancen los
Lange waren Bildungserfolge nicht mehr so sehr davon abhängig, welche Situation und Ausstattung die Kinder in den Familien vorfinden. Und lange war es nicht so deutlich, wie sehr der Spaß und der Erfolg am Lernen am Leistungswillen der einzelnen Lehrkraft hängt. Die Familien können diese Herausforderungen nicht alleine auffangen. Homeoffice kann man vielleicht gerade so mit Kinderbetreuung verbinden, aber auf keinen Fall mit der Beschulung von womöglich Kindern aus verschiedenen Jahrgängen. Wenn Schule, so wie sie ist, nicht mehr funktioniert, dann müssen wir Schule anders denken. Dann müssen wir sie neu denken. Warum lassen wir die Kinder nicht da lernen, wo sie sind, nur gemeinsam? Im Dorfgemeinschaftshaus mit der Lehrerin und der Erzieherin, die ohnehin im Ort wohnt. Und in den Städten? Verteilen wir die Klassen auf die Bibliotheken, Jugendclubs, Schulen und Museen. Tun wir uns doch alle zusammen und machen wir Bildung wieder zur Gemeinschaftsaufgabe!